Die Position von Amnesty International zum Thema Sexarbeit beruht auf einer Entscheidung der Mitglieder vom August 2015, die auf der Internationalen Ratstagung vom August 2015 in Dublin getroffen wurde. Das Exekutivbüro wurde anschließend mit der Ausarbeitung der Position beauftragt, die nun vorliegt. Sie ist das Ergebnis einer ausführlichen weltweiten Konsultation. Außerdem wurden über eine Dauer von mehr als zwei Jahren Berichte über Menschenrechtsverletzungen bei Sexarbeiterinnen überprüft, internationale Menschenrechtsstandards abgeklärt und eigene Recherchen vorgenommen. Die Amnesty-Position zum Thema Sexarbeit beinhaltet eine Reihe von Forderungen an die Regierungen. Diese müssen sicherstellen,
•dass Sexarbeiter*innen wirksam vor Ausbeutung, Nötigung und Gewalt geschützt werden.
•dass Sexarbeiter*innen bei der Erarbeitung von Gesetzen und Regelungen, die ihrem Schutz dienen sollen, miteinbezogen werden.
•dass Sexarbeiter*innen wirksam vor Diskriminierung geschützt werden und Zugang zu Ausbildung und Beschäftigung abseits der Sexarbeit haben.
Amnesty International empfiehlt die Entkriminalisierung des Sexgewerbes – wenn es sich um einvernehmlichen Sex handelt. Dazu gehört auch die Abschaffung von Gesetzen und Regelungen, die Handlungen rund um das Sexgewerbe unter Strafe stellen, wie das Verbot, Sex zu kaufen, Kunden anzuwerben oder die generelle Organisation von Sexarbeit.
Dieser Empfehlung liegen Untersuchungen zugrunde, dass eben solche Gesetze dazu beitragen, Sexarbeit gefährlicher zu machen. Die Gesetze, die die Sexarbeit kriminalisieren, tragen auch zur Straflosigkeit von Tätern bei: Sexarbeiter*innen erstatten bei Missbräuchen und Gewalt oft keine Anzeige bei der Polizei, weil sie fürchten müssen, selbst bestraft zu werden. Gesetzliche Regelungen für das Sexgewerbe sollten zum Ziel haben, Prostituierte vor Ausbeutung und Gewalt zu schützen, und nicht, Sexarbeit unter Strafe zu stellen und Sexarbeiterinnen und –arbeiter zu kriminalisieren.
Amnesty International verurteilt Menschenrechtsverletzungen wie Zwangsarbeit, Kindesmissbrauch und Menschenhandel. All diese Verbrechen erfordern ein konzertiertes Vorgehen gegen die Täter und Täterinnen nach internationalem Recht und sollten in jedem Land bestraft werden.