Auszüge einer internationalen Studie, 2013

Auszüge der „Internationalen Studie über die politische Linie in Bezug auf Prostitution: Österreich und die Niederlande“

vgl. H. Wagenaar, S. Altink & H. Amesberger (2013): Final Report of the International Comparative Study of Prostitution Policy: Austria and the Netherlands.

Quelle: http://issuu.com/platform31/docs/p31_prostitution_policy_report?e=5454469/3969709

 

 

Über 90% der weiblichen Prostituierten in Österreich und 70% in den Niederlanden sind Migranten. Das war auch in der Geschichte der Fall, wobei in der Vergangenheit ein großer Teil der Migration innerstaatlich war. Die Sex-Arbeit verlangt keine Diplome oder Einreisebestimmungen, die Gehälter erhält man direkt; sie ist ein Bar-Wirtschaftssystem welches im Schatten operiert, sie bedarf nur minimaler Sprachkenntnisse und sie erlaubt hohe Mobilität. Dies macht es so attraktiv für neuere Migrantinnen. (vgl. Studie S. 9)

Weibliche Asylsuchende, die auf eine Visa-Entscheidung warten, können nach österreichischem Recht de facto nur in der Prostitution arbeiten. (vgl. Studie S. 9)

Die Kriminalstatistik der Polizei in Österreich berichtet von 20 Anklagen bzgl. Menschenhandel (§ 104a StGB) und 52 Anklagen bzgl. „Grenzüberschreitendem Prostitutionshandel“ (§ 217 StGB) im Jahre 2011. Insgesamt wurden 114 Opfer von Menschenhandel von der Polizei identifiziert, und etwa 70 Fälle von diesen wurden beim Staatsanwalt eingereicht. Die Mehrheit der Opfer [waren] zwischen 18 und 40 Jahren alt. Die Mehrzahl waren Rumäninnen, Bulgarinnen, Ungarinnen und Nigerianerinnen. Die Aufklärungsquote beim Verbrechen Menschenhandel beträgt 85%, und 78,8% beim Verbrechen „Grenzüberschreitender Prostitutionshandel“ (die Aufklärungsquote gibt allerdings keine Hinweise bzgl. der Verurteilungsrate). Diese Zahlen verdeutlichen, dass

a) es wenige Anklagen in Bezug auf Menschenhandel gibt

b) es einfacher ist Anklagen unter § 217 StGB einzuordnen

c) zwei Opfer-Kategorien in den Statistiken aufscheinen

(vgl. Studie S. 21)

Zwischen 2007 und 2010 gab es in Österreich einen Anstieg von registrierten Prostituierten, auch in den Ländern Wien und Oberösterreich. 2007 wurden 1506 Prostituierte von der Polizei in Wien registriert, im Jahr 2010 waren es 2351. Das ist ein Anstieg von 56%. Im September 2012 waren 2800 Sexarbeiterinnen in Wien registriert. Das ist eine weitere Steigerung von 19%. (vgl. Studie S. 24/25)

Mobilität: Sexarbeiterinnen sind im Regelfall überaus mobil in verschiedener Art und Weise: Sie bewegen sich geographisch, von Einrichtung zu Einrichtung, von einem Typus der Prostitution zur anderen, sowohl im als auch außerhalb des Sexgewerbe. (…) Die Mobilität bedeutet große Probleme für die Administratoren, die die Prostitution regulieren möchten. Die meisten Gesetze und Regelungen benötigen eine feste Wohnadresse oder einen Arbeitsplatz. Viele Sexarbeiterinnen, besonders die Sexarbeiterinnen mit Migrationshintergrund, haben keines von beiden. (vgl. Studie S. 26)

Bezugnehmend auf die Daten aus dem Innenministerium gab es 2010 insgesamt 990 „Sex-Gewerbe-Einrichtungen“ in Österreich. Mehr als die Hälfte befinden sich in Wien (…). Diese Zahlen stellen einen beachtlichen Anstieg dar. Zwischen 2007 und 2010 hat sich die Summe aller Einrichtungen mit 13% von 879 auf 990 gesteigert. (vgl. Studie S. 30)

Zum Einstieg in die Sexarbeit: Die Gründe für die Migration und für den Einstieg in die Sexarbeit sind ziemlich ähnlich: Alle InterviewpartnerInnen erwähnen finanzielle Zwänge, Schulden und/oder der Wunsch für spezielle Waren. (…) Wie bereits erwähnt ist der Zugang zum Arbeitsmarkt in den westlichen europäischen Ländern entweder stark eingeschränkt oder nur offen in den Sektoren Niedriglohn, temporäre Arbeit und Substandard Arbeitsverträge (wie etwa in der Landwirtschaft, Reinigung oder Prostitution). (vgl. Studie S. 32)

Schlussfolgerung: Die Verbindung von Prostitution und Migration hat wichtige Konsequenzen für die politische Linie. Zuerst, Prostitution ist eine der Tätigkeit in der neue ArbeitsmigrantInnen enden. Diese Tätigkeit bedarf weniger Einstiegsanforderungen, sie offeriert Barzahlung auch außerhalb des Steuersystems, und man benötigt keinen Arbeitsvertrag womit eine hohe Mobilität ermöglicht wird. Obwohl diese Tätigkeit einen geringen Lohn, lange Arbeitszeiten und bedauerliche Arbeitskonditionen bietet, passen sie in den Lebensstil von neuen MigrantInnen. Sogar der geringe Lohn ist für viele MigrantInnen noch immer ein Vielfaches als in ihrem Herkunftsland. Dies erhärtet den Fakt, dass viele Sexarbeiterinnen in unseren Stichproben in eher positiven Termini über ihre Tätigkeit gesprochen haben, trotz der langen Arbeitszeiten und den 50% Abgaben an den Bordellbetreiber. Zweitens, neue MigrantInnen die sich in Tätigkeiten am unteren Ende des Arbeitsmarktes wiederfinden sind besonders anfällig ausgebeutet zu werden (…). (vgl. Studie S. 35)

Etwa 95% der registrierten Prostituierten in Österreich sind Migrantinnen. 2010 waren nur 7% der registriert arbeitenden Prostituierten in Wien österreichische Staatsbürgerinnen. (vgl. Studie S. 47)

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