Contents
Einführung
Die Geschichte vom Menschenhandel ist wahrscheinlich fast so alt wie die Menschheit – und dennoch so erschreckend aktuell, vielgestaltig und modern. Menschenhandel ist heute ein Verbrechen mit globaler Dimension, oftmals verzahnt mit Waffen- und Drogenhandel und somit ein einträgliches Geschäftsfeld der international agierenden organisierten Kriminalität.
Nach der Definition der Vereinten Nationen im Zusatzprotokoll zur Palermo-Konvention[1]
… ist Menschenhandel die Ausbeutung einer Person gegen ihren Willen durch eine andere Person mit Hilfe verschiedener Mittel, wie z.B. Androhung von Gewalt, Täuschung, Betrug oder Missbrauch.
Opfer von Menschenhandel werden also mit falschen Versprechungen und Täuschungen, durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder den Missbrauch von Macht gehandelt und verkauft – damit einhergehend sind diverse Menschenrechtsverletzungen[2]. Gegenwärtig gibt es mehr Sklaverei als jemals zuvor in der Geschichte der Menschheit. Menschen werden auch heute gekauft, verkauft und wieder weiterverkauft – über Kontinente hinweg. Es ist so gut wie jedes Land davon betroffen. Die Formen von Menschenhandel finden im Verborgenen oder aber auch ganz offen statt. Die Opfer dieses Verbrechens sind in unserer Gesellschaft entweder kaum sichtbar oder werden einfach übersehen, weshalb sie nur selten die Möglichkeit haben Schutz zu erhalten oder ihre Rechte durchzusetzen. In vielen Fällen stammen aus Afrika, Asien und Ländern Osteuropas.
Jährlich werden etwa 800.000 Frauen, Männer und Kinder Opfer von Menschenhandel.
Die Gesichter des Menschenhandels sind vielfältig und begegnen uns heute u. a. als:
- Sexuelle Ausbeutung durch Prostitution, Pornographie und Pädophilie
- Zwangsarbeit oder moderne Formen von Sklaverei:
- Ausbeutung durch Betteln,
- Anleitung zu organisierten Diebstahl,
- Drogenkuriere,
- häusliche Knechtschaft, wie z: B. unbezahlte Dienstboten in Privathaushalten
- Vorenthaltung von Lohn und Dokumenten,
- unterlassene Schutzvorschriften und – einrichtungen in der Produktion, am Bau und der Landwirtschaft.
- Vorenthaltung ortsüblicher sozialer und sanitärer Mindeststandards.
- Heiratshandel Vermittlung und Verkauf von Menschen an bzw. durch sog. „Heiratsagenturen“
- Kinderhandel ausgehend zu kommerziellen Zwecken, wie illegale Adoptionen, über sexuelle Ausbeutung bis hin zur Rekrutierung von Kindersoldaten.
- Organdiebstahl und -handel zu kommerziellen Zwecken.
- Ausbeutung in der darstellenden Kunst und Musik
Fast jedes Land weltweit betroffen …
Least vulnerable nations. Courtesy: Walk Free Foundation
Unterschied zwischen Menschenhandel und Schlepperei
Der wichtigste Unterschied liegt darin, dass im Falle von Menschenhandel eine Person mit dem Vorsatz befördert wird, damit sie später am Bestimmungsort ausgebeutet werden kann. Der Akt der Schlepperei endet mit der Ankunft der MigrantInnen am Zielort.
Opfer der Sexindustrie
Eine Mehrheit der Betroffen von Menschenhandel werden Opfer sexueller Ausbeutung. Die Zwangsprostitution durch das Sexgewerbe stellt heute mit 79 Prozent die mit Abstand häufigste Form der menschlichen Sklaverei dar. In der Regel werden Menschen von ärmeren Ländern („Süden“ oder „Südosten“) in reiche Länder („Norden“) gehandelt. Laut Schätzungen internationaler Organisationen gibt es weltweit circa 30 Millionen versklavte Menschen. Der weltweite Jahresumsatz wird auf etwa 32 Milliarden US $ geschätzt. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen werden jedes Jahr alleine in Europa etwa 500 000 Frauen und Mädchen zur Prostitution gezwungen. Der daraus erzielte jährliche Umsatz wird auf 10 Milliarden US $ geschätzt.
Weitere einträgliche Sparten des Menschenhandels sind:
Wie kann das passieren? Die jungen Frauen und Mädchen, nicht selten Kinder, werden mit falschen Versprechungen angelockt und danach entführt oder verschleppt. Dann werden die Opfer mit Gewalt und Drohungen gegen die Familie oder nahe Angehörige oder auch mit Drogen gefügig gemacht.
Arbeitsausbeutung und Kinderhandel
Die Arbeitsausbeutung ist, wie in obiger Graphik zu sehen, die zweitstärkste Gruppe im Bereich des Menschenhandels. Das Bau- und Baunebengewerbe, Gastgewerbe, Landwirtschaft und Industrie beschäftigen immer wieder Männer, Frauen und Kinder unter prekären und ungeschützten Arbeitsverhältnissen – auch mitten in Europa! Beispiele dazu finden sich immer wieder in den Medien.
Die ILO[3] schätzt, dass weltweit in etwa 215 Millionen Kinder in der Kinderarbeit gefangen sind. Davon werden rund 8.4 Millionen versklavt oder gehandelt. Manche von ihnen leben in Schuldknechtschaft, andere werden wiederum als Kindersoldaten für bewaffnete Konflikte eingesetzt oder auch in der Prostitution gnadenlos ausgebeutet. Die UNICEF spricht von 1.2 Millionen Kindern, die jährlich Opfer von Menschenhandel werden.
Ein Bereich des Kinderhandels ist auch die illegale Adoption.
Die Situation in Österreich
Österreich fungiert mit seiner Lage in Mitteleuropa primär als Transit-, aber auch als Zielland. Nach offiziellen Einschätzungen sind in Österreich besonders sexuelle Ausbeutung, sowie Sklaverei ähnliche Zustände bei Hausangestellten und Erntehelfern, sowie Kinderhandel verbreitet. Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung nimmt eine untergeordnete Rolle ein. In den zehn Jahren seit der Gründung der Task Force „Menschenhandel“[4] in Österreich im Jahr 2004 wurden etwa 1.131 Opfer von Menschenhändlern in Strafprozessen erfasst, berichtete das Bundeskriminalamt (BK) 2014. Bis zu 350 Menschen werden jährlich von den heimischen Opferschutzeinrichtungen und NGOs betreut. Doch zu Verurteilungen von TäterInnen kommt es bedauerlicherweise selten. Es ist schwer dieses Verbrechen ausreichend nachzuweisen. Außerdem sind die wenigsten Opfer bereit später vor Gericht auszusagen. Die Opfer sind »völlig Fremde« ohne Dokumente und bleiben als BürgerInnen unsichtbar oder werden höchstens als Fremdkörper wahrgenommen. Aufgrund mangelnder Beweismittel werden TäterInnen oftmals nicht verurteilt.
Ursachen und Hintergründe
Was aber sind die möglichen Ursachen und Hintergründe von Menschenhandel? Es sind soziale, wirtschaftliche und politische Faktoren, wie etwa eine weltweite Feminisierung von Armut, anhaltende Arbeitslosigkeit, Armut generell, Diskriminierung, schlechte Zukunftsaussichten, Perspektivenlosigkeit, keinerlei Bildungsangebot, kriegerische Auseinandersetzungen, Umweltkatastrophen Korruption und nicht zuletzt ethnische Verfolgungen, sowie politische Instabilität. Der Menschenhandel ist die Antwort auf eine steigende Nachfrage nach „verfügbarer menschlicher Ware in verschiedenster Form“. Es ist bekannt, dass Länder mit einem besonders hohen Anteil der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze einen höheren Prozentsatz an Opfern des Menschenhandels aufweisen als andere Länder. Die Aussicht auf ein besseres Leben bewirkt die Migrationsentscheidung eines Individuums. Insofern ist Armut nicht nur ein fruchtbarer Boden für Sklaverei, sondern zugleich auch die Saatmaschine, die Sklaven und Sklavinnen in aller Welt hervorbringt und fördert.
Quellen: UNODC, UNICEF, ILO u. a. m.
[1] Task Force – Menschenhandel
[2] Internationale Arbeitsorganisation
[3] UN-Zusatzprotokoll zur Palermo-Konvention
Bildquellen
- Modern Slavery world: Bildrechte beim Autor
- MH_routes2018: UNDOC report on trafficking 2020
- MH_Felder: No Slaves now | CC BY 4.0 International
- Anteile Geschlecht_Alter: Bildrechte beim Autor | CC BY 4.0 International