Internationale Organisationen schätzen den Gewinn durch Frauenhandel in Europa auf etwa 7-13 Milliarden US-Dollar jährlich. Die Zuwachsrate der letzten zehn Jahre beträgt 400 Prozent. Nach Schätzungen der UN werden jedes Jahr alleine in Europa etwa 500 000 Mädchen und Frauen zur Prostitution gezwungen.
Erfahrungen zeigen, dass in Österreich insbesondere der Handel in die sexuelle Ausbeutung verbreitet ist. Der Verein Lefö hat lediglich im Jahr 2011 251 Betroffene von Frauenhandel betreut. Mag. Evelyn Probst, Mitglied des Leitungsteams, spricht von einem neuen Rekord! Nie zuvor nahmen so viele Frauen die Unterstützung dieser Hilfseinrichtung wahr. Wie viele Frauen und Mädchen tatsächlich in Österreich in die Prostitution gehandelt werden ist nicht bekannt, doch man kann von einer hohen Dunkelziffer ausgehen, welche die offiziellen Zahlen weitaus übersteigt. Viele Opfer meiden den Kontakt mit der Polizei, weil sie mit der Angst konfrontiert sind vom Staat abgeschoben zu werden, oder weil sie die Rache ihrer Händler oder >>Besitzer<< fürchten. Der Arbeitsbericht „Prostitution“ einer Expertinnengruppe der Task Force Menschenhandel hält fest, dass der überwiegende Anteil registriert arbeitender Sexdienstleisterinnen in Österreich ausländischer Herkunft sind, nämlich 85-90%. Auch Asylantinnen können in Österreich legal als Prostituierte arbeiten, da diese Tätigkeit nicht als Arbeit „anerkannt“ ist. Andere Beschäftigungsbewilligungen werden Asylantinnen jedoch eher selten erteilt. Das Team von Herzwerk, einer diakonischen Initiative für Menschen in der Prostitution, nimmt sich seit Jahren mittels Streetwork den Frauen und deren Problemen an. Anhand derer zahlreichen Begegnungen ergibt sich, dass bescheidene 11 % wirklich freiwillige Sexarbeiterinnen sind.
Das Problem des Frauenhandels bedarf einer ernsthaften Bekämpfung von Seiten des Staates und der EU. Piovarova Zuzana resümiert, dass in Österreich allzu oft die Straftat Menschenhandel nicht als solche erkannt und fälschlicherweise mit „illegaler Prostitution“ und „illegaler Migration“ assoziiert wird. Die eigentlichen Opfer werden in vielen Fällen kriminalisiert und abgeschoben. Dabei gerät der Schutz der Betroffenen in den Hintergrund. Ebenso betont Simona Zavratnik, dass in Österreich die Opfer teilweise als Täterinnen im Sinne „illegaler Immigranten“ wahrgenommen werden. Betroffene des Frauenhandels dürfen in Österreich nicht weiter als „völlig Fremde“ wahrgenommen werden, sondern als Opfer – dies sei auch eine Frage der Moral. Obwohl zahlreiche Anstrengungen von Seiten des österreichischen Staates in diesem Bereich verzeichnet werden, muss dennoch auch weiterhin ein kritisches Auge auf die Situation der Frauen und Mädchen geworfen werden. Den Opfern gebührt eine angemessene Entschädigung, und die verurteilten Händler müssen in größerer Anzahl angemessene Strafen erhalten.
Der Frauenhandel ist nach wie vor ein weltweit dringend zu lösendes Problem. Die Menschenrechts-Aktivistin Lydia Cacho spricht von 1,4 Millionen Menschen, die in die Sexsklaverei gezwungen werden. Sie werden wie Ware verkauft und weiterverkauft – wie Rohstoffe der globalen Industrie. Univ. Prof. Jürgen Nautz unterstreicht, dass dabei Frauen nicht nur ihrer Freiheit, sondern auch ihrer Arbeitskraft, ihres Mutes und ihres Selbstwertgefühls beraubt werden. Er betont, dass Frauenhandel nicht automatisch der Handel in die Prostitution sei, wobei die meisten gehandelten Frauen dennoch in der Sexarbeit landen. Es gibt viele andere Bereiche in welchen man von Frauenhandel spricht, wie beispielsweise im Gastgewerbe oder in der Bettelei, wo Frauen neben Männern und Kindern zum Zwecke ihrer Arbeitskraft gehandelt werden.
Die weltweite Feminisierung der Armut ist ein wichtiger Grund für die unzählbaren Opfer dieses grausamen und menschenunwürdigen Geschäftes. Solange es der Weltgemeinschaft nicht gelingt die Armut erfolgreich zu bekämpfen wird man auch den Frauenhandel nicht gänzlich beseitigen können, denn Armut gilt als fruchtbarer Boden für die moderne Sklaverei.
Lukas Korosec, Projektreferent SDS