ILO: Steigende Migrationsrate infolge Arbeitsplatzmangel

Seit 2009 steige die Zahl derjenigen, die eine bessere Zukunft in anderen Ländern suchen, berichtete die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) am Donnerstag in Genf. Die Not und Perspektivenlosigkeit infolge prekärer Arbeitssituationen treibt immer mehr Menschen aus Entwicklungs- und Schwellenländern in die Fremde. In den Staaten Afrikas südlich der Sahara sei die Not am größten: 32 Prozent der Menschen finden dort kein Auslangen und wollen fort. In Lateinamerika und der Karibik seien es 30 Prozent, in Nordafrika 27 Prozent. „Die Zahl der Migranten dürfte in den nächsten zehn Jahren weiter wachsen“, heißt es in dem Bericht „Arbeits- und Sozialtrends 2017“. Neben der Armut spielten auch Bürgerkriege, Verfolgung, Unsicherheit und Gewalt beim Willen zum Auswandern eine Rolle. In den aufstrebenden Ländern – mit Pro-Kopf-Einkommen zwischen 7.500 und 13.000 Euro im Jahr – steige die Arbeitslosigkeit deutlich. Etwa 3,6 Millionen Menschen mehr als 2016 dürften dort in diesem Jahr lt. ILO Arbeit suchen. Grund sei vor allem das Bevölkerungswachstum in Kombination mit schlechten sozialen Verhältnissen. Es sorge dafür, dass immer mehr junge Leute auf den Arbeitsmarkt drängen. In Entwicklungsländern – mit weniger als 7.500 Euro Jahreseinkommen – kämen etwa 450.000 neue Arbeitslose hinzu.

Viele Menschen hielten sich zudem nur mit informellen und unsicheren Jobs (Herstellung und der Verkauf von Produkten auf lokalen Märkten und einfache Dienstleistungen) über Wasser und könnten sich damit nicht aus der Armut befreien. Weltweit leben ca. 1,4 Milliarden Menschen – also 42 Prozent aller Arbeitenden – in solchen Verhältnissen. Jedes Jahr steigt diese Zahl um elf Millionen zusätzlich. Obwohl die Hoffnung auf ein leichtes Wirtschaftswachstum in diesem Jahr besteht, reiche es aber nicht, um genügend Arbeitsplätze zu schaffen und die Qualität der Jobs zu verbessern, betonte ILO-Generaldirektor Guy Ryder. 2017 dürften weltweit 201 Millionen Menschen arbeitslos sein, das entspreche einer Quote von 5,8 % und einer Steigerung von 0,1 % gegenüber 2016. In Industrieländern entspanne sich die Situation zwar, doch der Anteil der Langzeitarbeitslosen wachse. In der EU seien 47,8 % der Arbeitssuchenden seit mehr als zwölf Monaten arbeitslos. Ein Jahr zuvor waren es noch 44,5 %. Im Hinblick auf den Fachkräftemangel in vielen Industrieländern meinte Ryder: „Es ist paradox, dass in Zeiten, in denen Migration ökonomisch Sinn machen würde, die politischen und sozialen Hürden dafür immer höher werden.“ Zum Erfolg populistischer Politiker meinte er: „Es ist eine Versuchung, aber auch ein Fehler, Migration in der derzeitigen Situation mit der Arbeitslosigkeit und dem Erstarken bestimmter politischer Tendenzen nur als Problem zu begreifen.“ Er appellierte an alle Staaten, geordnete Migration als Chance zu sehen.

Angesichts dieser Zahlen und Entwicklungen kann davon ausgegangen werden, dass eine nicht unerhebliche Anzahl von Menschen in ihrem Wunsch nach bessern Arbeits- und Lebensbedingungen weiterhin skrupellosen Menschenhändlern in die Netze gehen und sich somit in die moderne Sklaverei begeben (müssen).

Quelle: APA, 12.1.2017

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